Die Nydeggkirche und ihre Geschichte
Die Nydeggkirche ist etwas Besonderes
Die Nydeggkirche ist das zweitälteste kirchliche Baudenkmal in der Stadt Bern. Auf den ersten Blick sieht man ihr das Alter allerdings nicht an, die wechselvolle Baugeschichte hat die Kirche zu stark verändert. Wo heute die Kirche steht, stand vor gut 800 Jahren die Burg Nydegg. Noch vor Gründung der Stadt Bern durch Herzog Berchtold V. von Zähringen (1191) liess dessen Vater Berchtold IV. im Aarebogen eine Burg bauen. Als in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts die alten Häuser an der Schattseite des Nydegg staldens abgebrochen wurden, fand man die Überreste dieser ersten Burg Nydegg: Fundamente und grosse Teile der Burgmauer, Überreste des Turms und einen 20 Meter tiefen Sodbrunnen. Der Verlauf der alten Burgmauer ist heute auf der Pflästerung des Nydegghofs ersichtlich. Ein Teil des Mauerfundaments liegt unter dem Kirchenschiff und kann bei speziellen Gelegenheiten besichtigt werden!
Von der Kapelle ...
1341–1346 wurde an der Stelle der ehemaligen Burg erstmals eine Kapelle gebaut. Sie war höchstens halb so gross wie die heutige Kirche. Auf diese Kapelle geht im Wesentlichen der heutige Chor mit der kleinen Sakramentsnische zurück. Der spätgotische Ausbau der Kirche begann 1480–1483 mit dem Turmbau. 1494–1500 folgte der Neubau des Schiffes und des Triumphbogens zum Chor hin. Aus dieser Zeit stammt auch die älteste und grösste der vier Glocken, die Agathen- oder Feuerglocke. Die Kirche wird in jener Zeit «St. Maria Magdalena zu Nideck» genannt.
... über das Fasslager
Die Reformation machte im 16. Jahrhundert die Nydeggkirche für einige Jahre überflüssig: Sie wurde zweckentfremdet und diente vorübergehend als Fasslager für Gastwirte. 1566 wurde das Haus wieder für Gottesdienste eingerichtet und erhielt die heutige Kanzel. Mitte des 17. Jahrhunderts erlebte die Kirche dank der Predigten von Dekan Johann Heinrich Hummel eine wahre Blütezeit. Sie vermochte zeitweise die sonntäglichen GottesdienstbesucherInnen nicht mehr zu fassen und musste erweitert werden. Durch den Einzug einer grossen Empore, einer «Portlaube», an der West- und Nordseite wurden zusätzliche Plätze geschaffen. Mitte des 18. Jahrhunderts gab es gar Pläne für den Bau einer völlig neuen, grossen Barock-Kirche, die jedoch nie ausgeführt wurden.
... zum geschützten Denkmal
Noch 200 Jahre nach der Reformation bildete die Stadt Bern ein einziges «Kirchspiel». Erst 1721 wird sie in die selbständigen Kirchgemeinden Münster, Nydegg und Heiliggeist unterteilt. Die Nydeggkirche wird Pfarrkirche und erhält das Nydeggquartier, die Matte, den Altenberg und die Schosshalde zugeteilt. Heute erstreckt sich das Gebiet der Kirchgemeinde bis an die Gemeindegrenze zu Ostermundigen. Der Bau der Nydeggbrücke (1841–1844) versetzte die Nydeggkirche etwas «in den Schatten». Durch Verlängerung des Kirchenschiffs nach Westen wurde sie aber 1864/65 mit der Nydeggbrücke baulich verbunden.
Ihre heutige Gestalt erhielt die Nydeggkirche durch die umfassende Renovation nach den Plänen der Architekten Hans Klauser und Ernst Indermühle in den Jahren 1951–1953. Grundidee der Renovation war die Wiederherstellung der alten, klaren Raumverhältnisse. Die grosse Empore an der Nordseite musste weichen. Die Masswerkfenster, die leicht gewölbte Bretterdecke mit Fugenleisten, die Westempore mit neuer Orgel, die Bänke, der Taufstein im Chor und der Vorraum kamen dazu. Seit 1908 steht die Nydeggkirche unter Denkmalschutz.